Wie Familienstellen Annas Leben veränderte
Eine Klientin, nennen wir sie Anna, kam in meine Praxis, weil sie sich in ihrem Leben ständig blockiert fühlte. Obwohl sie äußerlich erfolgreich war, verspürte sie innerlich eine tiefe, unerklärliche Traurigkeit und das Gefühl, nie wirklich angekommen zu sein. Besonders belastend waren ihre wiederkehrenden Beziehungsprobleme. Jede Beziehung, in der sie sich befand, endete nach kurzer Zeit, meist aufgrund von Konflikten, die sie sich selbst nicht erklären konnte.
Anna hatte bereits verschiedene Therapieansätze ausprobiert, doch nichts schien dauerhaft zu helfen. Auf Anraten einer Freundin entschied sie sich, Familienstellen mit Figuren auszuprobieren. Sie war offen, aber auch ein wenig skeptisch, ob diese Methode tatsächlich etwas in ihr bewegen könnte.
In der ersten Sitzung wählte Anna Figuren für sich selbst und ihre wichtigsten Familienmitglieder aus. Besonders stark beschäftigte sie die Beziehung zu ihrem Vater, die immer von Distanz und Missverständnissen geprägt gewesen war. Sie stellte die Figuren auf und platzierte ihren Vater weit weg von sich, fast an den Rand des Raumes. Als ich sie fragte, wie sie sich dabei fühlte, begann Anna plötzlich zu weinen. Sie spürte eine tiefe Traurigkeit und eine lange unterdrückte Sehnsucht nach Nähe und Anerkennung.
Durch die Arbeit mit den Figuren kamen wir nach und nach zu einer entscheidenden Erkenntnis: Annas Vater war selbst nie wirklich von seinem eigenen Vater anerkannt worden. Er hatte sein Leben lang darum gekämpft, die Liebe und Anerkennung zu bekommen, die er sich so sehr wünschte, und war daran zerbrochen. Diese ungelöste Wunde hatte er unbewusst an Anna weitergegeben. Es stellte sich heraus, dass nicht nur Annas Vater, sondern auch der Großvater tief traumatisiert war. Er hatte im Krieg schlimme Verluste erlitten und war emotional nie wieder ganz zu sich selbst gekommen. Diese Trauer und der Schmerz waren nie bearbeitet worden und hatten sich als emotionales Erbe durch die Generationen weitergetragen.
In den folgenden Sitzungen arbeiteten wir weiter mit den Figuren und stellten Schritt für Schritt die gesamte Familiengeschichte auf. Anna begann zu erkennen, dass die Distanz und die Konflikte in ihrer Familie nicht auf mangelnder Liebe, sondern auf tiefen, generationsübergreifenden Verletzungen beruhten. Als wir den Schmerz und die unerfüllten Bedürfnisse der vorherigen Generationen ans Licht brachten und ehrten, konnte Anna endlich beginnen, sich von diesem emotionalen Erbe zu lösen.
Am Ende des Prozesses stellte Anna die Figuren neu auf. Diesmal platzierte sie ihren Vater näher bei sich, und das Bild fühlte sich plötzlich harmonisch und friedlich an. Sie spürte, dass sie ihm vergeben konnte – nicht nur für seine Distanz, sondern auch für die Last, die er unwissentlich an sie weitergegeben hatte. Diese Vergebung brachte eine tiefe innere Erleichterung.
Nach der Aufstellung berichtete Anna, dass sich etwas Grundlegendes in ihr verändert hatte. In den Wochen danach bemerkte sie, dass ihre Beziehungen sich verbesserten. Sie war geduldiger, konnte Nähe zulassen und ging Konflikten nicht mehr aus dem Weg. Anna fühlte sich das erste Mal seit langem wirklich frei, ihren eigenen Weg zu gehen, ohne das Gefühl, von der Vergangenheit belastet zu sein.
Diese Heilungsgeschichte zeigt, wie Familienstellen tief verwurzelte emotionale Blockaden lösen kann, die oft über Generationen weitergegeben werden. Indem wir uns den unbewussten Mustern in unserer Familie stellen, können wir uns von den Lasten der Vergangenheit befreien und ein erfülltes, selbstbestimmtes Leben führen.
Kommentar hinzufügen
Kommentare