Es war einmal eine Frau, die einen wunderschönen Brunnen in ihrem Garten besaß. Er war tief, klar und lebendig. Jeden Tag kamen Menschen aus der ganzen Umgebung zu ihr und baten um Wasser. „Nimm dir, so viel du brauchst“, sagte die Frau und lächelte.
Die Menschen kamen immer öfter. Sie schöpften das Wasser in großen Kannen, in kleinen Bechern, und die Frau sagte jedes Mal Ja. „Ich kann doch nicht Nein sagen, wenn jemand Durst hat“, dachte sie.
Mit der Zeit begann der Brunnen sich zu verändern. Das Wasser war nicht mehr so klar, die Tiefe nicht mehr so lebendig. Die Frau fühlte sich müde, ihr Rücken schmerzte, und sie hörte ein leises Rauschen, das aus dem Brunnen kam. Eines Tages ging sie hinunter und sah, der Brunnen war leer.
„Was ist geschehen?“ fragte sie den Brunnen leise.
Der Brunnen antwortete: „Du hast so viel gegeben, dass ich keine Zeit hatte, mich selbst zu füllen.“ Wasser, das immer nur genommen wird, kann nicht fließen. Es braucht Ruhe, es braucht Zeit zum Atmen.“
Die Frau setzte sich an den Rand des Brunnens und blieb still. Sie spürte, wie das Wasser langsam zurückkehrte, wie die Tiefe wieder lebendig wurde. Von diesem Tag an sagten sie zu den Menschen: „Mein Wasser ist ein Geschenk. Doch manchmal braucht der Brunnen Zeit, sich zu erholen. Komm morgen wieder, wenn er voll ist.“
Und die Menschen verstanden. Sie kamen zurück, doch der Brunnen war nie wieder leer. Denn die Frau hatte gelernt, dass sie nur dann geben konnte, wenn sie sich selbst die Erlaubnis gab, zu ruhen.
Was wir daraus lernen können
Vielleicht fühlst auch du dich wie dieser Brunnen. Du gibst und gibst, bis du selbst leer bist. Doch du musst nicht erst warten, bis du erschöpft bist, um zu erkennen, dass deine Energie kostbar ist. Nimm dir Zeit, um dich selbst aufzufüllen. Pausen, bewusste Momente der Stille und das liebevolle Nein sind der Schlüssel.
Erinnere dich daran:
Dein Brunnen ist ein Geschenk – doch er braucht auch dich, damit er lebendig bleibt.
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